Geschrieben von RA Yannick Hoppe, LL.M. (Stellenbosch) und stud. iur. Helena Jacob
In dem Beitrag geht es um Handlungsmöglichkeiten, wenn das Amazon Verkäufer-Konto gesperrt wurde.
Einleitung
Amazon Marketplace stellt mittlerweile eine der wichtigsten Plattformen zum Vertrieb von Waren dar und wird von zahlreichen Online-Händlern genutzt. Kommt es zu Unstimmigkeiten oder besteht der Verdacht eines Missbrauchs des Händler-Kontos, greift Amazon jedoch schnell durch und sperrt die jeweiligen Händler-Konten. Amazon begründet sein drastisches Vorgehen mit einem wirksamen Verbraucherschutz. Derzeit häufen sich Sperrungen von Amazon-Verkäuferkonten. Die Sperrungen werden oftmals damit begründet, dass die Händler angeblich gegen Amazon-Nutzungsbedingungen verstoßen oder das Angebot nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Dabei wird der Zugriff auf das Konto sowie die Verfügung über das Konto-Guthaben gesperrt, Angebote des Verkäufers werden aus dem Amazon-Marketplace entfernt. Eine solche Sperrung bedeutet ein wirtschaftlich bedrohliches sowie frustrierendes Szenario für die Händler.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie es zu einer Kontosperrung kommen kann und welche Schritte vorgenommen werden müssen, um das Konto wieder entsperren zu lassen.
Darf Amazon überhaupt Konten sperren?
Amazon ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, Jedermann die Nutzung des „Marketplace“ zu gestatten. Trotz seiner Größe und Reichweite steht es dem Unternehmen frei, mit wem es Verträge abschließen möchte und mit wem nicht. Das ergibt sich aus dem Prinzip der Vertragsautonomie und gilt insbesondere bei B2B-Verträgen (Verträge zwischen Unternehmern).
Gestattet Amazon einem Unternehmen jedoch die Einrichtung eines Händler-Kontos, kommt ein Nutzungsvertrag zustande. Hieraus ergeben sich Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien. So ist Amazon verpflichtet, den Zugang zum Marketplace zu ermöglichen und Verkäufe der Händler abzuwickeln. Sperrt Amazon ein Verkäufer-Konto, dann verletzt es seine vertragliche Verpflichtung, die Nutzung der Plattform für den Verkauf von Produkten zu ermöglichen.
Eine Sperrung des Kontos ist deshalb nur ausnahmsweise zulässig. Amazon darf das Konto sperren, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es Amazon unzumutbar macht, die Nutzung des Händler-Kontos weiterhin zu ermöglichen. Ein solcher wichtiger Grund liegt jedenfalls vor, wenn der Verkäufer in schwerwiegender Weise gegen die Amazon-Richtlinien oder gegen geltendes Recht verstößt.
Mögliche Gründe für eine Sperrung des Amazon Verkäufer-Kontos
Folgende Umstände können eine Kontosperrung nach den Amazon-Richtlinien begründen:
- Mangelhafte Verkäuferleistung, bspw. zu viele Rücksendungen
- Mangelhafte Datensicherheit, bspw. durch Hijacking
- Rechtsverstöße
- Verstöße gegen Urheber- und Markenrechte, Design- und Geschmacksmusterrechte und Gebrauchsmusterrechte (Patente);
- Plagiatsvorwürfe oder gefälschte Ware
- Verstöße gegen Verkaufsrichtlinien und Fake-Bewertungen
- Fehlerhafte Verkäuferinformationen/Verifizierungsprobleme
- Falsche IP-Adresse/Umleitung zum eigenen Online-Shop
- Existenz von Doppelkonten/ Betreiben eines Zweitaccounts
Verifizierungsprobleme als Grund für Amazon-Sperre
Wird ein Verkäufer-Konto gesperrt, informiert zunächst nur eine E-Mail über die Blockade, die jedoch gewöhnlich keine konkrete Begründung enthält oder auf weitere Handlungsmöglichkeiten hinweist. Der erste Schritt sollte daher sein, zunächst die Gründe für die Kontosperrung bei Amazon in Erfahrung zu bringen.
Ein Grund für eine Sperrung können Verifizierungsprobleme sein. Es kann aus unterschiedlichen Gründen dazu kommen, dass ein Händler dazu aufgefordert wird, sich erneut zu identifizieren. In diesem Fall werden zahlreiche Dokumente und Informationen von Amazon angefordert, die dem E-Commerce Unternehmen innerhalb von 60 Tagen zur Verfügung gestellt werden müssen. Da es sich bei dem Prüfverfahren um einen größtenteils automatisierten elektronischen Vorgang handelt, kann es bei der Überprüfung, zu Fehleinschätzungen kommen.
Handelt es sich beispielsweise um ein Identifikationsdokument, das die erforderlichen Informationen enthält, jedoch nicht exakt den formalen Anforderungen von Amazon entspricht, wird das Prüfergebnis lauten, dass eine erfolgreiche Identifikation nicht möglich war. Werden daraufhin erneut Dokumente eingereicht, die nicht ‚erfolgreich‘ überprüft werden konnten, erfolgt eine Kontosperrung bereits vor Ablauf der 60-Tage-Frist, ohne dass hierüber vorher informiert wird.
Rechtsgrundlage: Warum darf Amazon ein Verkäufer-Konto sperren?
Die Rechtsgrundlage für gesperrte Amazon-Konten ergibt sich aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens, wo es unter Punkt 6 heißt:
„Wir behalten uns das Recht vor, Ihnen Amazon Services vorzuenthalten oder Konten zu kündigen, wenn Ihr Verhalten berechtigten Grund dazu gibt. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn Sie gegen anwendbares Recht, vertragliche Vereinbarungen, unsere Richtlinien oder unsere Grundsätze verstoßen, die sämtlich auf unserer Webseite zugänglich sind. Ungeachtet einer solchen Einschränkung oder Kündigung haben Sie weiterhin Zugriff auf von Ihnen zuvor erworbene Inhalte und Dienstleistungen.“
Dennoch muss die Kontosperrung im Einzelfall konkret begründet werden und verhältnismäßig sein. Häufig erfährt der Händler von der Sperrung jedoch nur durch eine automatisierte E-Mail mit einem pauschalen Hinweis auf einen Richtlinienverstoß. Pauschale Hinweise genügen jedoch nicht den Anforderungen an die rechtliche Begründungspflicht, so dass die Konto-Sperrung ungerechtfertigt erfolgt. Aufgrund der Häufung der Konto-Sperrungen und der fehlenden Begründung durch Amazon, empfiehlt sich in vielen Fällen ein juristisches Vorgehen gegen die Sperrung.
Mögliche Vorgehensweise gegen die Sperrung
Grundsätzlich ist es daher ratsam, sich zunächst über den Kunden- bzw. Händler-Support an das Unternehmen zu wenden, um herauszufinden, welche konkreten Umstände zur Konto-Sperrung geführt haben. Leider gestaltet sich die Kommunikation mit Amazon in der Regel schwierig. Die Amazon-Mitarbeiter können oft telefonisch keine Auskunft zu den Gründen erteilen und sind zur Entsperrung des Kontos nicht befugt. Teilweise erhalten Betroffene auch die Antwort, der „Algorithmus und ein Mitarbeiter habe den Fall geprüft und entschieden, dass kein Konto bei Amazon für das Verkaufen eröffnet werden kann“.
Eine anderweitige Kontaktaufnahme zu Amazon, z.B. über den Händler-Support oder per E-Mail, ist bei einem gesperrten Händler-Konto nahezu unmöglich. Die Nutzung des offiziellen Händler-Kundenservices setzt nämlich voraus, weiterhin auf das Konto Zugriff zu haben.
Einschaltung eines Anwaltes bei unberechtigter Amazon-Sperre
Erfolgt keine Reaktion von Amazon, empfiehlt sich die Beauftragung eines Rechtsanwaltes. Mit einem außergerichtlichen Schreiben kann die Freischaltung des Kontos mit Nachdruck gefordert werden. Die außergerichtliche Aufforderung gilt außerdem der rechtssicheren Vorbereitung eines Gerichtsverfahrens.
Rechtliche Durchsetzung
Führen weder eine Stellungnahme, ein Widerspruch oder ein vorgelegter Maßnahmenplan zu einer Entsperrung des Kontos, können Betroffene ihren Anspruch gerichtlich einfordern und/oder Ersatzansprüche aufgrund der unterbrochenen Geschäftstätigkeit gegen das E-Commerce Unternehmen geltend machen.
Wird die Sperrung nicht begründet, oder liegt tatsächlich kein Verstoß gegen die Amazon-Nutzungsbedingungen vor, kann der Freischaltungsanspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Ein Freischaltungsanspruch ergibt sich dabei insbesondere aus dem Nutzungsvertrag. Für die gerichtliche Durchsetzung steht das Klageverfahren zur Verfügung.
Ist Eile geboten, kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden. Wichtig: Die einstweilige Verfügung kann meistens nur innerhalb eines Monats nach der Sperrung beantragt werden. Außerdem müssen schwerwiegende Gründe glaubhaft gemacht werden, die ein Hauptsacheverfahren unzumutbar machen (z.B. Erhebliche Umsatzausfälle, etc.).
Fazit
Gegen eine unberechtigte Sperrung des Amazon-Verkäuferkontos kann rechtlich (anwaltlich) vorgegangen werden. Amazon kann (gerichtlich) dazu verpflichtet werden, das Amazon-Verkäuferkonto wieder zu entsperren und wieder Zugriff auf das Amazon-Kontoguthaben zu gewähren. Möglicherweise besteht auch ein Anspruch auf Schadensersatz.
Auf einen Blick
- Gründe für die Sperrung: Amazon kann ein Verkäuferkonto aus verschiedenen Gründen sperren, z.B. Verstoß gegen die Verkaufsrichtlinien, hohe Retourenquote, mangelnde Datensicherheit oder falsche Verifizierung.
- Einspruch gegen die Sperrung: Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Konto zu Unrecht gesperrt wurde, können Sie Einspruch gegen die Sperrung erheben.
- Wiederherstellungszeit: Die Dauer der Wiederherstellung variiert, aber Verkäufer sollten sich jedoch auf eine Wartezeit von mehreren Tagen einstellen. Bei zu langer Bearbeitungsdauer kann anwaltlich vorgegangen werden.
- Prävention: Um zukünftige Sperrungen zu vermeiden, sollten sich Verkäufer genau an die Amazon-Verkaufsrichtlinien halten und proaktiv auf Kundenbeschwerden und -anfragen reagieren.
- Wenn Amazon nicht reagiert oder die Sperrung aufrechterhält, sollte ein spezialisierter Rechtsanwalt beauftragt werden. Mit einem außergerichtlichen Schreiben wird die Freischaltung mit Nachdruck gefordert. Die Ansprüche des betroffenen Händlers können außerdem vor Gericht durchgesetzt werden.
Mit spezialisiertem Anwalt gegen Sperrung des Amazon-Händler-Kontos vorgehen
BROST CLAßEN unterstützt betroffene Amazon-Verkäufer bei der Durchsetzung von Freischaltungsansprüchen gegenüber der Plattform. Unsere Anwältinnen und Anwälte sind telefonisch, per E-Mail oder Video-Call unkompliziert erreichbar.