LG München: Bild des Wirecard-Kronzeugen darf nicht gezeigt werden

8. Januar 2021

Der Fall Wirecard beschäftigt die deutsche Justiz nicht nur in strafrechtlicher Hinsicht. Auch medienrechtlich ist der Fall von besonderer Relevanz. Das Landgericht München hat in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass ein Bild des Kronzeugen nicht gezeigt werden darf.

Die beiden großen Medienhäuser Spiegel (DER SPIEGEL) und Handelsblatt (Wirtschaftswoche) hatten umfassend über den Wirecard-Prozess berichtet. In ihren Berichten lichteten sie jeweils auch ein Bild des Kronzeugen ab. Zudem nannten sie seinen vollständigen Namen. 

Zu Unrecht, wie das Landgericht München in seinen Entscheidungen feststellte. In dem Urteil vom 17.12.2020 gegen das Magazin DER SPIEGEL heißt es (Az.: 9 O 15459/20, n. rkr.):

„Da der Verfügungskläger bislang in der Öffentlichkeit nicht in Erscheinung getreten ist, und sich aus dem Vortrag der Verfügungsbeklagten auch nicht ergibt, dass er über längere Zeit die Nennung seines Namens toleriert hätte, ist ein besonderes gesellschaftspolitisches Interesse an der Identität des Verfügungsklägers auch im Hinblick auf die besondere Bedeutung des „Wirecard-Skandals“ nicht gegeben. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit wird bereits durch eine – selbstredend zulässige – Berichterstattung über die nunmehr bekannten Hintergründe der Tat und die Angaben zur Person des Verfügungsklägers, welche eine Identifizierung für die breite Öffentlichkeit nicht ermöglichen, in hohem Maße befriedigt.“

Die Aussage des Wirecard-Kronzeugen vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages führe zu keinem anderen Ergebnis. Dies stelle – so das LG München – keine Selbstöffnung dar:

„Daran ändert sich in einer Gesamtschau nach Abwägung der widerstreitenden Rechte der Parteien im Ergebnis auch angesichts der Tatsache nichts, dass er – per Video zugeschaltet – als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages aufgetreten ist, wobei er sich auf sein Aussageverweigerungsrecht bezog, keine Fragen beantwortete und sich bei den Geschädigten entschuldigte.“

Rechtsanwalt Dr. Lucas Brost:
“Eine Aussage vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss führt nicht zum Verlust des Anonymitätsanspruchs. Eine solche Folge wäre auch widersinnig: Unser kooperativer Mandant würde schlechter behandelt als derjenige, der eine Aussage verweigert.”