„Wirecard-Skandal“: Presseerklärung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. November 2025 – 1 BvR 573/25 (Verdachtsberichterstattung)

3. Dezember 2025

Als Rechtsanwälte des von der Berichterstattung betroffenen Managers geben wir folgende Erklärung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. November 2025 – 1 BvR 573/25 ab:

Die identifizierende Berichterstattung des SPIEGEL über einen früheren Wirecard-Manager hat dessen Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Namensnennung sowie die Ablichtung eines Bildnisses, das diesen zeigt, war und ist zum derzeitigen Verfahrenszeitpunkt ungerechtfertigt.

Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte haben beide Instanzengerichte – das Landgericht München und das Oberlandesgericht München – bestätigt. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde des SPIEGEL zurückgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit der nunmehr ergangenen Entscheidung keine Aussage über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Berichterstattung des SPIEGEL getroffen. Hierüber wird das Oberlandesgericht München erneut entscheiden.

Auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts halten wir die erstinstanzlichen Urteile zulasten des SPIEGEL im Ergebnis für richtig. Eine identifizierende Berichterstattung würde weiterhin die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen ungerechtfertigt verletzen. Eine Namensnennung des ehemaligen Managers im Zusammenhang mit ungeklärten Strafvorwürfen ist nach diesseitiger Rechtsauffassung ebenso unzulässig wie die Ablichtung eines Bildnisses, das diesen zeigt.

Das Oberlandesgericht München muss infolge der Entscheidung des Verfassungsgerichts in Bezug auf den beanstandeten Ausgangsartikel nun den Prüfungspunkt des sogenannten Mindestbestandes an Beweistatsachen im Rahmen der Grundsätze der Verdachtsberichterstattung neu bewerten. Eine formelhafte Bewertung auf der Grundlage von strafprozessualen Verdachtsstufen darf nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht erfolgen. Vielmehr ist die „Qualität der Beweistatsachen“ erneut zu überprüfen. Dabei weist das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich darauf hin, dass die Anforderungen an die Qualität der Beweistatsachen grundsätzlich umso höher sind, je schwerwiegender die Verdachtsäußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Derartige Beweistatsachen sind nicht erkennbar. Zudem fehlt es aus unserer Sicht an weiteren Voraussetzungen für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung, was ebenfalls vom Oberlandesgericht zu berücksichtigen ist.

Köln, den 03.12.2025

Rechtsanwälte Dr. Lucas Brost und Dr. Jörn Claßen