Datenschutzrechtlicher Anspruch auf Auslistung von Suchergebnissen bei Bing und Yahoo

30. April 2025

Das Landgericht Frankfurt a.M. hat auf die Anträge von BROST CLAßEN die Suchmaschinenbetreiber Bing und Yahoo zur Auslistung von rechtsverletzenden Suchergebnissen auf der Grundlage von Art. 17 DSGVO verpflichtet.

Bei der Eingabe des Mandantennamens in den Suchmaschinen von Bing (verantwortlich: Microsoft Ireland Operations Ltd.) und Yahoo (verantwortlich: Yahoo EMEA Ltd.) wurde in den Suchergebnissen jeweils ein Artikel angezeigt, gegen den BC bereits kurz zuvor erfolgreich im Eilverfahren einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Mandanten, einem Manager eines international tätigen Konzerns, durchgesetzt hatte. Zugleich wurde in der Suchergebnisanzeige bei Bing und Yahoo als Vorschautext (sog. Snippet) die konkrete, zuvor untersagte Äußerung in Bezug auf den Manager verbreitet.

BC hat Bing und Yahoo zunächst außergerichtlich unter Vorlage der erlassenen einstweiligen Verfügung gegen den Inhalteanbieter des Artikels mehrfach zur Auslistung aufgefordert. Nachdem beide Suchmaschinen hierauf nicht reagierten, erwirkte BC für den Mandanten jeweils eine einstweilige Verfügung. Danach müssen die Suchmaschinenbetreiber nun die Verlinkung auf den Artikel sowie den entsprechenden Vorschautext entfernen.

Auslistungsanspruch gegen Suchmaschinenbetreiber aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO

Der geltend gemachte Auslistungsanspruch ergab sich dabei aus  Art. 17 Abs. 1 a) DSGVO i.V.m. Art. 7 und 8 GRCh. Da der verlinkte Artikel und die darin enthaltenen Äußerungen über den Manager gerichtlich festgestellt unzulässig sind, werden die personenbezogenen Daten des Managers gemäß der datenschutzrechtlichen Vorschrift unrechtmäßig verarbeitet. Die Verarbeitung ist aufgrund der Unzulässigkeit der Äußerungen nicht erforderlich für die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information (Art. 17 Abs. 1 a)  DSGVO).

Aus Sicht des Gerichts war die Rechtsverletzung – die Verlinkung des Artikels sowie die Anzeige des Vorschautextes – für die Suchmaschinen durch die Vorlage des Gerichtsbeschlusses auch unschwer zu erkennen. Die Suchmaschinen haben hierauf außergerichtlich nicht binnen der ihr zuzustehenden Prüfpflicht reagiert. Damit lag ein Verstoß gegen das gesetzlich vorgeschrieben Prüfverfahren vor.

Auslistungsanspruch setzt keine förmliche Zustellung der einstweiligen Verfügung gegen den Inhalteanbieter voraus

Eine Besonderheit in diesem Fall: Die einstweilige Verfügung gegen den Inhalteanbieter, die kurz zuvor erlassen wurde, war im Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung der Auslistungsansprüche noch nicht formell in den USA zugestellt.

Eine Auslandzustellung insbesondere außerhalb der EU ist zeitaufwendig und kann teilweise mehrere Monate dauern. Es ist dem Betroffenen, der eine einstweilige Verfügung gegen den Inhalteanbieter erwirkt hat, jedoch nicht zuzumuten, dass der persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalt trotz einer gerichtlichen Entscheidung noch in den Suchergebnissen angezeigt wird. So hat etwa das LG Köln (BeckRS 2017, 162027 Rn. 217) bereits entschieden, dass der Inanspruchnahme des jeweiligen Inhalteanbieters

„vielfach praktische Hindernisse [entgegenstehen], wenn er sich – wie hier – im Ausland befindet. Einem Betroffenen ist es grundsätzlich nicht zuzumuten, ein kostspieliges Verfahren gegen ein im Ausland ansässiges Unternehmen zu führen und einen rechtskräftigen Titel zu erlangen, bevor die Internetseite in den Suchergebnissen der Bing-Suchmaschine nicht mehr angezeigt wird. Insoweit überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit, Informationen zu recherchieren, nicht das Interesse des Einzelnen, der in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen ist.“

Eine förmliche Zustellung des gerichtlichen Beschlusses gegen den Inhalteanbieter in der USA war somit für die Auslistung des Artikels aus den Suchmaschinen aus Sicht des Gerichts nicht interessengerecht und daher nicht erforderlich. Dies wird Auswirkungen auf das Beschwerdemanagement von Suchmaschinenbetreibern haben, weil diese zum Teil nur bei Vorlage einer Gerichtsentscheidung nebst förmlichen Zustellnachweises auslisten. Die letztgenannte Hürde entfällt nach der sich aktuell entwickelnden Rechtsprechung.

Über die Fälle berichtet u.a. beck-aktuell:

https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/lg-frankfurt-a-m-203o93-25-auslistung-bing-yahoo-suchmaschinen-zustellung


Die Anwälte der Kanzlei BROST CLAßEN beraten Behörden, Unternehmen, Verbände sowie Personen und bekannte Persönlichkeiten in medienrechtlichen Angelegenheiten. Sie führen regelmäßig Gerichtsverfahren zu Fällen im Bereich der Verdachtsberichterstattung.

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