Medfluencer und Arztwerbung – rechtliche Grenzen vom Anwalt erklärt

22. Mai 2025

Inhaltsverzeichnis

Medfluencer

Geschrieben von Dr. Richard Kindling

Ärztinnen und Ärzte sowie Medfluencer bewegen sich im Bereich der gesundheitsbezogenen Werbung für Leistungen und / oder eigene Produkte (Arztwerbung) auf einem schmalen Grat. Werbung ist grundsätzlich erlaubt – jedoch nur in engen gesetzlichen Grenzen. Wenn die gesetzlichen Maßgaben missachtet werden, drohen Abmahnungen und Bußgelder bis hin zu berufsrechtlichen Maßnahmen.

In diesem Beitrag erklären wir, worauf sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Medfluencer im Zusammenhang mit Werbung achten müssen.

Was ist ärztliche Werbung?

Unter Werbung ist jede Form der Außendarstellung zu verstehen, die geeignet ist, Aufmerksamkeit auf die eigene Person, Praxis und / oder Dienstleistungen zu lenken und zugunsten eines bestimmten Angebots zu beeinflussen. Somit findet sich Werbung auf der Praxis-Website, in Broschüren, soziale Medien oder bei Produktplatzierungen.

Seit der Reformierung des Werberechts im Jahr 2002 dürfen Ärztinnen und Ärzte werben. Aber: Werbung muss grundsätzlich sachlich, wahrheitsgemäß und berufsangemessen erfolgen (vgl. § 27 Abs. 3 BOÄ-NRW).

Zulässig sind sachliche Informationen über:

  • Werdegang und Qualifikationen;
  • Tätigkeitsschwerpunkte;
  • Praxisbesonderheiten (z. B. moderne Technik, spezielle Behandlungsangebote).

Phänomen der Medfluencer

Ein jüngst vielseitig diskutiertes Phänomen sind Medfluencer – Personen, meist medizinische Fachkräfte oder (ehemalige) Medizinstudierende, die über soziale Medien Gesundheitswissen vermitteln. Sie kombinieren Fachwissen und / oder angeeignete Expertise mit verständlicher Kommunikation und veröffentlichen regelmäßig (werbliche) Inhalte insbesondere in den sozialen Medien.

Auch wenn Medfluencer, die (noch) keine Approbation besitzen, nicht den berufsrechtlichen Vorgaben der ärztlichen Berufsordnung unterliegen, müssen ihre (werblichen) Inhalte dennoch den geltenden gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Rechtliche Grenzen der Werbung von Ärztinnen und Ärzten und Medfluencern

Approbation als „Verkaufsargument“

Rechtliche Risiken drohen, insbesondere Ärztinnen und Ärzte, wenn Sie ihren Beruf nutzen, um Produkten oder Dienstleistungen ein besonderes „Gütesiegel“ zu verleihen (§§ 3 Abs. 1 S. 2, 27 Abs. 3 S. 3 BOÄ-NRW). Denn das besondere Vertrauen, das Patientinnen und Patienten dem Arztberuf entgegenbringen, soll nicht zu kommerziellen Zwecken instrumentalisiert werden.

Demgemäß sind Aussagen wie „von Ärzten entwickelt“ oder „ärztlich empfohlen“ problematisch und regelmäßig unzulässig. Zugleich besteht ein Risiko der Irreführung, wenn durch die ärztliche Qualifikation ein unangemessener Eindruck besonderer Produktqualität erweckt wird (§ 5 UWG).

Ärztinnen und Ärzten ist zu empfehlen, ihre Qualifikationen und den beruflichen Werdegang sachlich im Zusammenhang mit ihrer ärztlichen Tätigkeit zu kommunizieren und nicht etwa unter Bezugnahme auf Eigenschaften eines Produktes und / oder eine (von der ärztlichen Tätigkeit unabhängigen) Dienstleistung.

Medfluencer, die keine approbierten Ärztinnen und Ärzte sind, müssen besonders sorgfältig darauf achten, durch ihre Selbstdarstellung keine unzutreffenden Vorstellungen über ihre fachliche Qualifikation oder medizinische Kompetenz zu vermitteln, da dies eine Irreführung der Adressaten begründen kann (§ 5 UWG).

Unzulässige Tätigkeitsbezeichnungen

Ferner dürfen Titel und Bezeichnungen, die auf besondere Tätigkeitsschwerpunkte hinweisen sollen, keine falschen Erwartungen hinsichtlich der tatsächlichen Qualifikationen der Ärztinnen und Ärzte und / oder Medfluencer wecken (§ 5 UWG).

So können Bezeichnungen wie „Arzt für ästhetische Eingriffe“ oder „Arzt für ästhetische Medizin“ von Verbrauchern beispielsweise dahingehend verstanden werden, dass die entsprechenden Behandler eine von der zuständigen Berufsaufsicht anerkannte Weiterbildung im Bereich der plastischen Chirurgie abgeschlossen haben. Ist dies tatsächlich nicht der Fall, ist eine Werbung mit solchen Bezeichnungen irreführend und rechtswidrig.

Irreführende gesundheitsbezogene Aussagen

Mit einer therapeutischen Wirksamkeit und / oder Wirkung darf in Bezug auf Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder anderen Mittel  nur dann geworben werden, wenn diese gesicherten, wissenschaftlichen Erkenntnissen entspringen (§ 3 HWG).

Insbesondere unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben über die Zusammensetzung oder Beschaffenheit von Arzneimitteln, Gegenständen und anderen Mitteln sowie über Verfahren und Behandlungen und / oder Vorbildung, Befähigung und Erfolge des Herstellers sind unzulässig.

Zudem sind gesundheitsbezogene Angaben im Zusammenhang mit Produkten wie beispielsweise „stärkt Ihr Immunsystem“ oder „fördert die Regeneration“ nur dann erlaubt, wenn sie wissenschaftlich gesichert und den Anforderungen der Health-Claims-Verordnung entsprechen (Art. 10 HCVO).

Unlautere vergleichende Arztwerbung

Vergleichende Werbung ist nur in engen Grenzen zulässig (§ 6 HWG). Unsachliche und u. u. herabwürdigende Aussagen wie „besser als andere Praxen“ und direkte Vergleiche mit namentlich genannten (ärztlichen) Kolleginnen und Kollegen sind regelmäßig rechtswidrig. Ebenso sollten Rankings und Bewertungen nur zu Werbezwecken verwendet werden, wenn sie auf objektiven, transparenten Kriterien beruhen.

Beispielsweise ist vergleichende Werbung mit Fotos „vor“ und „nach“ operativen plastisch-chirurgischen Eingriffen untersagt, wenn der Eingriff nicht aufgrund einer medizinischen Indikation erfolgte (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 HWG).

Dieses Verbot gilt nach ständiger Rechtsprechung auch für minimalinvasive Maßnahmen wie Behandlungen mit Hyaluronsäure oder Botulinumtoxin-A. Denn vergleichende Bilder in diesem Zusammenhang bergen ebenfalls die Gefahr, bei Patientinnen und Patienten unrealistische Erwartungen zu wecken.

Kennzeichnungspflichten der Werbung in den sozialen Medien

Neben den aufgezeigten (besonderen) gesetzlichen Regelungen im Gesundheitsbereich, gelten sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Medfluencer sämtliche (allgemeine) Maßgaben des Werberechts.

Insofern muss Werbung klar als solche erkennbar und von redaktionellen Inhalten getrennt werden (§ 22 Abs. 1 MStV). Ferner müssen beispielsweise Kooperationen mit Influencern oder Testimonials transparent und rechtskonform gestaltet werden. Werbliche Inhalte sind hinreichend zu kennzeichnen (§ 5a Abs. 6 UWG).

Rechtsfolgen bei Verstößen durch Arztwerbung / Medfluencer-Postings

  • Berufsrechtliche Konsequenzen für Ärztinnen und Ärzte wie Rüge, Geldbuße oder im Extremfall Verlust der Approbation und damit einhergehend Feststellung der Berufsunwürdigkeit;
  • (Kostenpflichtige) Abmahnungen und gerichtliche Verfahren samt Geltendmachung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen sowie (gerichtliche) Geltendmachung von Schadensersatz von Mitbewerbern und Verbraucherschutzbehörden;
  • Bußgelder und / oder Strafverfahren.

Anwaltliche Handlungsempfehlungen

  1. Sachlichkeit und Angemessenheit in der Außendarstellung.
  2. Klare Trennung zwischen ärztlicher Tätigkeit und gewerblichen Interessen.
  3. Keine unwahren und / oder irreführenden Aussagen zu Qualifikationen und Werdegang.
  4. Keine Erfolgsversprechen.
  5. Keine Angstwerbung.
  6. Gesundheitsbezogene Angaben und Eigenschaften bedürfen wissenschaftlicher Nachweise und / oder einer Zulassung nach der Health-Claims-Verordnung.
  7. Vergleichende Werbung und insbesondere Vorher-Nachher-Bildern sind restriktiv und nur im Rahmen der gesetzlichen Maßgaben zulässig.
  8. Werbung und Influencer-Kooperationen müssen eindeutig erkennbar und hinreichend gekennzeichnet sein.

Angesichts der Vielzahl rechtlicher Vorgaben im ist eine anwaltliche Einzelfallprüfung geplanter Werbemaßnahmen zu empfehlen.


Die Anwälte der Kanzlei BROST CLAßEN beraten Behörden, Unternehmen, Verbände sowie Personen und bekannte Persönlichkeiten in medienrechtlichen Angelegenheiten.

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