Geschrieben von Wiss. Mit. Yannick Heitmeyer
Ihr Name ist Ihre Marke. Ihr Gesicht ist Ihr Kapital. Als Person des öffentlichen Lebens stehen Sie unter ständiger Beobachtung der Medien. Jeder Schritt wird verfolgt, jedes Detail Ihres Privatlebens scheint für die Öffentlichkeit von Interesse zu sein. Oft wird dies als unvermeidlicher „Preis des Ruhms“ abgetan. Doch das ist ein gefährlicher Irrtum.
Falschmeldungen, aufdringliche Fotografen, Indiskretionen über die Familie müssen nicht hingenommen werden. Auch prominente Persönlichkeiten haben ein grundgesetzlich verankertes Recht auf Privatsphäre. Die entscheidende Frage ist, wo die Grenzen für Medien und Paparazzi verlaufen. Das deutsche Recht bietet einen starken Schutzschild.
Persönlichkeitsrecht gegen Pressefreiheit
Im Zentrum jeder medienrechtlichen Auseinandersetzung steht ein fundamentaler Konflikt zwischen zwei Grundrechten: Dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Pressefreiheit.
Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht leitet sich aus der Menschenwürde (Art. 1 GG) und dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) ab. Es schützt die Ehre, den Ruf und das Privatleben.
Die Presse- und Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) ist für eine demokratische Gesellschaft unerlässlich und sichert das Recht der Medien, über Themen von öffentlichem Interesse zu berichten.
Es gibt keine starre Hierarchie dieser Rechte. Die Gerichte müssen in jedem Einzelfall eine sorgfältige Güterabwägung vornehmen, um zu entscheiden, welches Interesse überwiegt. Dabei hat sich die Rechtsprechung entscheidend weiterentwickelt: Heute kommt es weniger darauf an, wer eine Person ist, sondern vielmehr darauf, worüber berichtet wird. Selbst bei weltbekannten Persönlichkeiten ist nicht jeder Aspekt ihres Lebens automatisch von öffentlichem Interesse.
Die Sphärentheorie: Der entscheidende Kompass der Gerichte
Um diese komplexe Abwägung zu strukturieren, hat die deutsche Rechtsprechung die sogenannte Sphärentheorie entwickelt. Dieses Modell teilt das Leben in drei Bereiche mit abgestuftem Schutzniveau ein. Je weiter die Betroffenen sich in den Kern ihrer Persönlichkeit zurückziehen, desto stärker ist ihr Schutz.
Die Intimsphäre: Absolute Schutzzone
Die Intimsphäre ist der innerste, unantastbare Kern der Persönlichkeit. Hierzu gehören der Gesundheitszustand, das Sexualleben sowie die innersten Gedanken und Gefühle. Eingriffe in diesen Bereich sind nahezu immer rechtswidrig.
Ein prominentes Beispiel für den Eingriff in die Intimsphäre ist die Berichterstattung über Michael Schuhmachers Gesundheitszustand. Nach seinem schweren Skiunfall zitierten mehrere Medien einen Geistlichen, der Michael Schumacher besucht hatte und mehrere Details über den Zustand Schuhmachers preisgab. Der BGH (Urt. v. 14.03.2023, Az. VI ZR 338/21) verbot diese Berichterstattung konsequent. Die Richter stellten klar, dass konkrete Angaben, die „das Schicksal plastisch verdeutlichen“, in der Öffentlichkeit „nichts zu suchen haben“. Selbst scheinbar nebensächliche Details wurden als unzulässiger Eingriff in die absolut geschützte Intimsphäre gewertet. Der gesundheitliche Zustand ist für die Medien eine absolute Tabuzone, unabhängig von dem Bekanntheitsgrad des Betroffenen.
Die Privatsphäre: Das Recht auf Rückzug – auch für Prominente
Die Privatsphäre umfasst das Leben im familiären und häuslichen Umfeld sowie an Orten, an die Betroffene sich erkennbar zurückziehen, um unbeobachtet zu sein, sei es im Urlaub, in einem abgeschirmten Restaurantbereich oder auf einer privaten Feier. Berichte aus dieser Sphäre sind nur bei einem überragenden öffentlichen Informationsinteresse zulässig; die reine Befriedigung von Neugier genügt hierfür nicht.
Die „Bild“-Zeitung berichtete über die Hochzeit des ehemaligen Topmodels Nadja Auermann und veröffentlichte dabei zahlreiche identifizierende Details über ihren nicht-prominenten Ehemann: seinen Vornamen, den Anfangsbuchstaben des Nachnamens, Beruf, Arbeitgeber und Wohnort. Der BGH (Urt. v. 22.07.2025, Az. VI ZR 217/23) entschied, dass diese identifizierende Berichterstattung unzulässig ist. Die Eheschließung sei ein privater, familiärer Vorgang. Das Gericht stellte fest, dass das öffentliche Interesse an einer prominenten Person nicht automatisch auf deren Angehörige „abfärbt“, Prominenz ist nicht „vererbbar“. Das Interesse der Leser wurde als reine Neugier eingestuft, die hinter dem Persönlichkeitsrecht des Ehemanns zurückstehen muss.
Die Sozial- und Öffentlichkeitssphäre
Dieser Bereich umfasst das berufliche und öffentliche Auftreten auf der Bühne, dem roten Teppich, bei Interviews oder bei Interaktionen im öffentlichen Raum. Hier ist der Schutz am geringsten, da sich bewusst der Öffentlichkeit zugewendet wird. Doch auch in diesem Bereich gibt es Grenzen: Die Berichterstattung muss wahrheitsgemäß sein und darf nicht verfälschend, ehrverletzend oder herabwürdigend sein, um die Betroffenen an den Pranger zu stellen oder ihre Würde zu verletzen.
Moderne Herausforderungen im digitalen Zeitalter
Die Digitalisierung und Social Media haben neue Schlachtfelder im Kampf um die Privatsphäre geschaffen.
Die „Selbstöffnungs“-Falle in Social Media
Das Prinzip der „Selbstöffnung“ besagt, dass Personen, die freiwillig Aspekte ihres Privatlebens öffentlich machen, für genau diese Aspekte keinen vollumfänglichen Schutz mehr beanspruchen können. Medien argumentieren oft, eine Person habe sich durch eigene Posts „selbst geöffnet“ und damit ihren Schutz pauschal aufgegeben. Die Gerichte sehen das jedoch sehr differenziert. Eine Selbstöffnung ist stets thematisch begrenzt und wird von den Gerichten eng und kontextbezogen ausgelegt. Die Preisgabe von Informationen zu Thema A erteilt den Medien keine Lizenz zur Recherche über Thema B.
Ein deutscher Fußballnationalspieler machte seine neue Beziehung öffentlich. Daraufhin berichtete ein Magazin über intimste Details einer früheren, bis dahin privat gehaltenen Partnerschaft. Das OLG Frankfurt (Urt. v. 06.02.2025, Az. 16 U 8/24) entschied, dass dies die Privatsphäre verletzte. Die Begründung: Die Preisgabe von Informationen über eine Beziehung erteilt den Medien keinen Freibrief, jeden anderen Aspekt des Privatlebens auszuschlachten.
Clickbaiting: Unzulässige kommerzielle Ausnutzung
Die Nutzung des Bildes einer Prominenten Person, um Klicks für einen Artikel zu generieren, der inhaltlich nichts mit dieser zu tun hat, ist eine Form der unzulässigen kommerziellen Ausnutzung und damit rechtswidrig. Das Bildnis wird dabei als reiner „Klickköder“ missbraucht, um die Aufmerksamkeit auf ein redaktionelles Produkt zu lenken, ohne dass ein sachlicher Bezug besteht. Eine Prominente Person muss es nicht hinnehmen, dass ihr Bild unentgeltlich zur Werbung für Beiträge eingesetzt wird, die sie gar nicht betreffen.
Rechtliche Ansprüche bei Rechtsverletzungen
Der Unterlassungsanspruch ist der wichtigste und schnellste Weg, um die weitere Verbreitung eines Bildes oder Artikels zu stoppen. Mittels einer einstweiligen Verfügung kann ein Gericht dies oft innerhalb von Tagen oder sogar Stunden anordnen.
Durch den Gegendarstellungsanspruch kann bei Tatsachenbehauptungen verlangt werden, die Sicht des Betroffenen im selben Medium zu veröffentlichen.
Bei nachweislich unwahren Tatsachenbehauptungen kann zudem durch einen Widerrufs- und Berichtigungsanspruch erzwungen werden, dass das Medium diese aktiv als falsch zurücknimmt oder korrigiert.
Bei kommerzieller Nutzung eines Bildes ohne Erlaubnis steht der betroffenen Person eine angemessene Lizenzgebühr zu. Bei besonders schweren Eingriffen in die Privatsphäre kann zudem eine Geldentschädigung gefordert werden.
Anwaltlicher Schutz der Privatsphäre
Der Schutz Ihrer Privatsphäre ist ein starkes, verfassungsrechtlich verankertes Recht, aber er ist kein Selbstläufer. Er muss aktiv, strategisch und mit juristischer Expertise verteidigt werden. Die Gerichte haben in den letzten Jahren die Grenzen für die Medienberichterstattung enger gezogen und die Persönlichkeitsrechte von Prominenten gestärkt.
Die Kanzlei BROST CLAßEN berät regelmäßig (prominente) Personen zum Schutz der Privatsphäre. BROST CLAßEN gehört zu den führenden Medienrechtskanzleien in Deutschland.