Rechtliche Fallstricke auf Amazon Marketplace – was Amazon Händler beachten sollten

21. Juni 2022

Inhaltsverzeichnis

Amazon

Für viele Online Händler stellt Amazon Marketplace die wichtigste Plattform zum Vertrieb ihrer Waren dar. Dabei müssen Amazon Händler einige rechtliche Fallstricke beachten, wenn sie Abmahnungen, unwirksame Verträge oder Reputationsschäden verhindern wollen. Die rechtlichen Vorgaben sind teilweise undurchsichtig und unterliegen einer stetigen Revision durch die (europäische) Rechtsprechung. Jüngst hat sich der EuGH mit Informationspflichten zu Herstellergarantien für Händler auf Amazon Marketplace befasst.  

Dieser Beitrag soll unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung einen Überblick über einige rechtliche Vorgaben für den Handel auf Amazon Marketplace geben.

Amazon Marketplace – die Vertragsparteien

Einzelanbieter und Unternehmen jeder Größe können über den Verkauf auf Amazon Marketplace Millionen von Kunden sofort erreichen. Händler können ihre Produkte ohne Listungsgebühren online anbieten und direkt neben Artikeln, die von Amazon selbst verkauft werden, anzeigen lassen.

Wenn sich Händler dazu entscheiden, ihre Waren über Amazon Marketplace zu vertreiben, fungiert Amazon sowohl als Zahlungsdienstleister als auch als Verkaufsplattform. Parteien des über Amazon Marketplace zustande gekommenen Kaufvertrages sind nur der Händler und der jeweilige Kunde – Amazon hingegen ist nicht unmittelbar an dem Vertragsverhältnis beteiligt.

Häufig bieten Händler auch Waren an, die sie nicht selbst hergestellt haben. Der EuGH hat sich jüngst damit befasst, ob Händler in diesen Fällen über eine Herstellergarantie informieren müssen.

Aktuelles Amazon Marketplace Urteil des EuGH zu Informationspflichten

Die Kernaussage: Ein Händler, der auf Amazon eine nicht von ihm selbst hergestellte Ware anbietet, hat den Verbraucher über die Garantie des Herstellers zu informieren, wenn er sie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht (EuGH Urteil vom 05.05.2022, Az. C-179/21 – Victorinox).

In diesem Fall ging es um einen Händler, der auf Amazon Marketplace ein Taschenmesser eines Schweizer Herstellers anbot. Angaben zu einer etwaigen Garantie machte er nicht. Es konnte lediglich über einen Link ein Informationsblatt des Herstellers abgerufen werden. Deshalb klagte ein Mitbewerber mit der Begründung, dass der Händler keine ausreichenden Angaben zur Herstellergarantie mache. Der BGH legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Der EuGH machte in seiner Entscheidung nun deutlich, dass Händler grundsätzlich keine Informationen über die Herstellergarantie angeben müssen. Diese Pflicht bestehe aber dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran habe, z.B. wenn die Garantie ein Verkaufs- oder Werbeargument sei. Im zu entscheidenden Fall sei die Garantie jedoch gerade kein zentrales oder entscheidendes Merkmal, da diese nur beiläufig erwähnt werde.

Das bedeutet: Wird ein Angebot auf Amazon Marketplace mit einer Garantie beworben, muss der Händler sämtliche Informationen hinsichtlich dieser Garantie bereitstellen.

Weitere rechtliche Herausforderungen für Amazon Marketplace Händler

Daneben gibt es einige weitere rechtliche Fallstricke, die die Nutzung des Amazon Marketplace für Händler birgt.

Ein Überblick:

Verwendung derselben ASIN bei Markenprodukten

Amazon vergibt für den Handel mit Waren auf seinem Portal sog. ASIN-Nummern. Der Begriff steht für Amazon-Standard-Identifikationsnummer. Für jedes Produkt gibt es nur eine ASIN, d.h. ein Händler richtet als Ersteinsteller eine ASIN für sein Produkt ein und die anderen Händler können sich grundsätzlich an diese ASIN anhängen.

Amazon Händler sollten bei der Auswahl der ASIN jedoch vorher prüfen, ob diese eine markenrechtlich geschützte Bezeichnung enthält. Denn wenn ein Händler als Drittanbieter Produkte ohne Lizenz verkauft, begeht er eine Markenrechtsverletzung im Sinne der §§ 4, 14 MarkenG, sofern der Hersteller des Produkts eine entsprechende Marke angemeldet hat. Außerdem kann er geschützte geschäftliche Bezeichnungen im Sinne von §§ 5, 15 MarkenG verletzen.

Haftung des Amazon Händlers für Markenrechtsverletzungen

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 03.03.2016, Az. I ZR 140/14) haftet der Amazon Marketplace Händler auch für die Verletzung einer Marke, die erst nachträglich in die Angebotsseite eingefügt wurde. Es sei dem Händler zuzumuten, ein dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum bei Amazon eingestelltes Angebot regelmäßig darauf zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen wurden.

Als Konsequenz einer Markenrechtsverletzung drohen kostenpflichtige Abmahnungen mit denen u.a. Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.

Laut einer neueren Entscheidung des OLG Köln ist es jedoch rechtsmissbräuchlich, wenn ein Anbieter auf Amazon, der als erster ein Angebot erstellt und eine ASIN generiert, eine „Marke“ im Amazon-Angebot einträgt, die entgegen den Amazon Richtlinien nicht auf dem Produkt oder dessen Verpackung abgedruckt ist, und sodann gegen Verkäufer vorgeht, die sich an dieses Angebot anhängen (OLG Köln, Urteil vom 26.03.2021, 6 U 11/21). Denn nach den von Amazon vorgegebenen Grundsätzen darf an der entsprechenden Stelle lediglich eine Marke eingetragen werden, die entweder auf dem Produkt selbst oder auf dessen Verpackung zu finden ist. Das OLG bejahte zunächst zwar einen Unterlassungsanspruch gem. § 14 MarkenG, stellte im Anschluss jedoch fest, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich ist, weil die Geltendmachung der Ansprüche unlauter gemäß §§ 3, 4 Nr. 4 UWG sei.

Kurzum: Durch das Anhängen an eine fremde ASIN können Markenrechte verletzt werden. Vor der Nutzung einer fremden ASIN sollte eine markenrechtliche Prüfung erfolgen.

Automatische Bebilderung des Amazon Angebots

Angebote auf Amazon Marketplace werden über einen Programmalgorithmus von Amazon aus allen hinterlegten Bildern beliebig bebildert. Das OLG Frankfurt (Beschluss vom 18.3.2021, Az. 6 W 8/18) entschied, dass Amazon-Händler auch für diese automatische Zuordnung haftbar gemacht werden können.

Eine Verkäuferin bot auf Amazon Marketplace Druckerpatronen ohne Originalverpackung an. Dies war auf dem beigefügten Bild erkennbar. Durch den Algorithmus wurde das Bild später ausgetauscht. Dadurch entstand der Eindruck, dass Druckerpatronen mit Originalverpackung angeboten werden.

Der Antragsteller, ein Mitbewerber, hatte jenes Foto hochgeladen, um für seine Druckerpatronen mit Originalverpackung zu werben. Vor dem LG Hanau verlangte er Unterlassung, das Gericht gab ihm Recht und erließ eine einstweilige Verfügung. Ihrer Verpflichtung, das Bild zu ändern, kam die Verkäuferin allerdings nicht nach. Dagegen ging der Antragsteller mit einer Beschwerde an das OLG Frankfurt a.M. vor. Er begehrte die Verhängung eines Ordnungsgeldes, das das LG Hanau zuvor abgelehnt hatte.

Das OLG entschied: Einem Händler sei es zuzumuten, ein über einen längeren Zeitraum eingestelltes Angebot regelmäßig darauf zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen worden seien. Dass Amazondie automatische Zuordnung von Bildern bei den Produktbeschreibungen ändert, sei der Antragsgegnerin bekannt gewesen. Durch Einhaltung ihrer Prüfpflicht hätte sie den Austausch des Bildes durch Amazon erkennen können. Wegen Verletzung ihrer Prüfpflicht verurteilte das Gericht sie zu Zahlung eines Ordnungsgeldes von 500 Euro.

Das heißt: Marketplace Verkäufer müssen regelmäßig überprüfen, ob die werbende Bebilderung noch mit der angebotenen Ware übereinstimmt.

Unverbindliche Preisempfehlungen auf Amazon Marketplace

Bei Angaben in Bezug auf unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) ist ebenfalls Vorsicht geboten. Hier besteht die Gefahr, dass der Händler seine Ware mit einer UVP bewirbt, die nicht mehr aktuell ist.

Nach Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 03.03.2016, Az. I ZR 110/15) gilt: Ein Händler, welcher auf Amazon Marketplace tätig ist, haftet auch für Angaben, die nur der Plattformbetreiber einstellen oder verändern kann. Amazon hatte für eine Armbanduhr eine UVP in das Angebot, an welches sich mehrere Händler angehängt hatten, eingefügt. Diese Angabe war zum Zeitpunkt des Einstellens nicht mehr aktuell und deshalb laut BGH irreführend, da sie für Verbraucher eine wesentliche Orientierungshilfe darstelle. Der auf Amazon tätige Händler hafte für diesen Wettbewerbsverstoß, da er in dem Bewusstsein Angebote auf der Handelsplattform veröffentlicht habe, dass er die inhaltliche Gestaltung des Angebots nicht vollständig beherrschen könne.

In Anlehnung an die Rechtsprechung des OLG Köln (Urteil vom 15.03.2017, Az. 36 W 31/17) ist bezüglich der Kontrolldichte von Angeboten zu berücksichtigen, dass jedenfalls eine werktägliche Kontrolle der Angebote ausreicht. Abschließend ist die Frage, wie häufig der Händler seine Angebote auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen hat, jedoch noch nicht geklärt.

Fehlerhafte Gestaltung der Rechtstexte auf Amazon Marketplace

Neben diesen von der Rechtsprechung ausgestalteten Prüfpflichten müssen Marketplace-Händler eine Vielzahl von gesetzlichen Informationspflichten gegenüber ihren Kunden erfüllen. So ist auf eine rechtssichere Gestaltung des Impressums, der Datenschutzerklärung, der Widerrufsbelehrung und der AGB zu achten.  

Wer im Internet Waren oder Dienstleistungen geschäftsmäßig anbietet, muss gemäß § 5 Telemediengesetz (TMG) grundsätzlich bestimmte Informationen an deutlich sichtbarer Stelle auf seiner Website bereithalten. § 5 TMG findet Anwendung auf Telemediendienste, wozu auch Amazon Marketplace zählt.

Nach der Vorschrift müssen u.a. folgende Angaben mitgeteilt werden:

  • Es müssen der Name und Anschrift, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform und der Vertretungsberechtigte benannt werden.
  • Darüber hinaus muss neben der Angabe der E-Mail-Adresse ein zweiter elektronische Kontaktweg (Telefon, Fax, Kontaktformular o. Ä.) vorgehalten werden.
  • Sofern der Händler im Besitz einer Umsatzsteueridentifikationsnummer ist, muss diese angeben werden.
  • Sofern der Händler in das Handelsregister eingetragen ist, muss dies und die entsprechende Registernummer angeben werden. Beispiel: Amtsgericht Düsseldorf HRB 99565

Rechtssichere Erstellung von AGB und anderen Rechtstexten durch spezialisierten Rechtsanwalt

Wer als Amazon-Händler ein unzureichendes Impressum angibt, begeht einen Wettbewerbsverstoß und kann abgemahnt werden. Daneben können Aufsichtsbehörden Bußgelder von bis zu 50.000 Euro verhängen.

Des Weiteren gilt: Wer als Händler auf Amazon Marketplace verkauft, hat datenschutzrechtliche Pflichten gemäß der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung), insbesondere bezüglich der Datenschutzerklärung und bezüglich der Dokumentation gemäß Art. 30 DSGVO, welche er nicht auf Amazon abwälzen kann. Denn zum Datenschutz ist jeder verpflichtet, der personenbezogene Daten verarbeitet (Art. 2 Abs. 1 DSGVO) – mithin auch Amazon Marketplace Händler.  

Zudem muss jeder Händler seine Kunden ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehren und eine korrekte und aktuelle Widerrufsbelehrung einbinden. Häufige Abmahnpunkte sind hier: Eine veraltete Widerrufsbelehrung, die Angabe einer falschen Widerrufsfrist und nicht erlaubte Einschränkungen des Widerrufsrechts.

Daneben ist auf die korrekte Formulierung der AGB zu achten. Hier ist u.a. zu berücksichtigen, dass der Händler aufgrund der rechtlichen Unterschiede bezüglich des Vertragsschlusses in der Regel nicht die AGB seines Onlineshops übernehmen kann.

Die Erstellung der oft komplexen Rechtstexte sollte von einem entsprechend spezialisierten Anwalt vorgenommen werden.

Fazit

Amazon Marketplace ist für Händler eine gute und gefragte Verkaufsplattform. Händler, die die rechtlichen Vorgaben beachten, minimieren ihre rechtlichen Risiken, wirken in der Außendarstellung professionell und beugen Reputationskrisen vor. Aufgrund der komplexen und sich ständig ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen sollten Händler spezialisierte rechtliche Ansprechpartner haben.  

BROST CLAßEN ist auf Medien-, Marken-, Wettbewerbs– und Datenrecht spezialisiert. Die Kanzlei berät Händler und Kunden bei Rechtsfragen rund um Online-Plattformen, wie z.B. Amazon Marketplace. Unsere Anwältinnen und Anwälte sind unter mail@brostclassen.de oder 0221 48 55 77 90 unkompliziert erreichbar.

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