Geschrieben von Rechtsanwältin Julia Jeromin, LL.M. und Celina Luna Witt
Die Künstlersozialkasse und vor allem die Künstlersozialabgabe sind zentrale Themen für Influencer und für alle, die mit Influencern zusammenarbeiten. In der Praxis herrscht jedoch nach wie vor oft Unklarheit, wann und für wen Versicherungs- und Abgabepflichten bestehen. In diesem Beitrag besprechen wir daher die wichtigsten Fragen rund um diese Thematik und zeigen, worauf es für die Beteiligten ankommt.
Was macht die Künstlersozialkasse?
Bereits seit mehr als 30 Jahren gibt es in Deutschland mit der Künstlersozialversicherung eine Versicherung für selbständige Kreative (Künstler und Publizisten), welche diesen einen ähnlichen Schutz in der gesetzlichen Sozialversicherung bieten soll, wie Arbeitnehmern. Die Künstlersozialkasse (KSK) ist für die Durchführung zuständig. Sie ist selbst kein Leistungsträger, sondern koordiniert die Beitragsabführung für die Versicherten zur gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.
Bei der Künstlersozialversicherung handelt es sich um eine Pflichtversicherung. Der Künstler oder Publizist selbst kann sich also nicht aussuchen, ob er versichert sein will.
Wer zahlt was an die Künstlersozialkasse?
Die Beiträge an die Künstlersozialkasse werden zur Hälfte von den Versicherten (Versicherungsbeiträge) und im Übrigen durch einen Zuschuss des Bundes und die Künstlersozialabgabe aufgebracht. Die Künstlersozialabgabe ist von den Verwertern der künstlerischen Leistungen auf die an den Künstler gezahlten Entgelte zu entrichten.
Künstlersozialabgabe und Künstlersozialversicherung richten sich daher an unterschiedliche Adressaten – und sollten streng auseinandergehalten werden. Wie die Beratungspraxis zeigt, gibt es bereits bei dieser grundsätzlichen Unterscheidung häufig Missverständnisse.
Künstler und Publizisten
Der zu versichernde Künstler oder Publizist hat sich bei der Künstlersozialkasse zu melden. Diese prüft mit einem Fragebogen, ob die Voraussetzungen der Versicherungspflicht gegeben sind.
Um die Versicherungsvoraussetzungen zu erfüllen, muss eine selbstständige künstlerische/publizistische Tätigkeit als Hauptberuf ausgeübt werden.
Das Feld der Kunst ist sehr weit und nicht klar definiert. Der Kunstbegriff orientiert sich nach Angaben der KSK an typischen kreativen Berufen. Ein Grafik-Designer beispielsweise ist hiernach Künstler, während etwa ein Möbeltischler als Handwerker und nicht als Künstler gilt. Unter den Begriff „Publizist” fallen vor allem Schriftsteller und Journalisten.
Als weitere Voraussetzung muss das Einkommen aus der kreativen Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze von 3.900,00 € liegen (Ausnahme: Berufsanfänger). Zudem darf im Zusammenhang mit der Tätigkeit maximal ein Arbeitnehmer beschäftigt werden. Sonst besteht nach Auffassung der KSK eine zu starke Arbeitgeberstellung und der Künstler/Publizist wäre nicht mehr schutzbedürftig.
Ist ein Künstler oder Publizist künstlersozialversichert, muss er hierfür monatlich Versicherungsbeiträge entrichten. Die Höhe des Monatsbeitrags hängt von der Höhe des Einkommens ab.
Unternehmen und Verwerter
Verwerter künstlerischer oder publizistischer Leistungen sind dagegen zur Künstlersozialabgabe verpflichtet.
Grundsätzlich gehören alle Unternehmen, die den Absatz künstlerischer oder publizistischer Leistungen am Markt fördern oder ermöglichen zum Kreis der künstlersozialabgabepflichtigen Unternehmen – also prinzipiell jedes Unternehmen, das Aufträge für kreative Leistungen vergibt.
Die Künstlersozialabgabe wird durch einen pauschalen Beitrag auf die Entgeltzahlungen an selbständige Künstler und Publizisten erhoben. Der Beitragssatz wird bis zum 30.09. eines jeden Jahres für das nachfolgende Kalenderjahr festgesetzt.
Im Jahr 2024 liegt der Beitragssatz für Unternehmen, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, bei 5 %. Auch im Jahr 2025 bleibt der Beitragssatz bei 5 %.
Damit hat die Künstlersozialabgabe eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, die bei Vertragsverhandlungen über künstlerische/kreative Leistungen stets mitberücksichtigt werden sollte.
Sind Influencer Künstler?
Ob Influencer als „Künstler“ oder „Publizisten“ im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) gelten, ist bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden worden und wird insbesondere in der Influencer-Marketing-Branche kontrovers diskutiert.
Die KSK führt die Tätigkeit als Influencer allerdings im Katalog der künstlerischen/publizistischen Tätigkeiten auf, die vom KSVG umfasst werden.
Wenn Influencer die übrigen Versicherungsvoraussetzungen (s.o.) erfüllen, sind sie somit grundsätzlich berechtigt und verpflichtet sich in der Künstlersozialversicherung zu versichern.
Außerdem können daher nach Auffassung der KSK auch Zahlungen an Influencer der Künstlersozialabgabe unterfallen.
So gehöre das Entgelt, das Unternehmen an Influencer für Werbemaßnahmen wie das Erstellen von Werbefotos oder -videos, Werbetexten oder ähnlichen Werken zahlen, zur Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe.
Dagegen sollen z.B. Provisionszahlungen im Rahmen einer Affiliate-Marketing-Kooperation nicht abgabepflichtig sein. Als Grund wird angeführt, dass Influencer in diesem Zusammenhang nicht unmittelbar für eine künstlerische/publizistische Leistung, sondern für die Zurverfügungstellung von Werbemöglichkeiten in sozialen Medien (Einbettung sog. Affiliate-Links) bezahlt würden.
Die Beantwortung der Frage, ob eine abgabepflichtige künstlerische Leistung des Influencers vorliegt, bedarf somit derzeit stets einer Bewertung des Einzelfalls.
Nach den Angaben der KSK wird es entscheidend darauf ankommen, ob Influencer für das Unternehmen selbst gestaltend tätig werden. Werden Influencer hingegen ausschließlich aufgrund ihrer Reichweite beauftragt, um Werbung für Produkte oder Dienstleistungen zu verbreiten, ohne dass individuelle Inhalte erstellt werden, dürfte nach aktuellem Stand die Künstlersozialabgabe nicht anfallen.
Ob und wie die Angaben der KSK hierzu noch näher konkretisiert werden, bleibt abzuwarten.
Wichtig: Die Künstlersozialabgabe fällt unabhängig davon an, ob der einzelne Künstler oder Publizist selbst in der Künstlersozialversicherung versichert ist.
Zahlungspflicht des Werbekunden
Handelt es sich um eine abgabepflichtige kreative Leistung des Influencers, muss grds. der Erstabnehmer die Künstlersozialabgabe hierfür entrichten.
Das ist im Regelfall der Vertragspartner des Influencers, d.h. derjenige, der von dem Influencer die Erbringung der künstlerischen Leistung verlangen kann.
Vereinfacht gesagt heißt das: Es muss der Werbekunde die Künstlersozialabgabe zahlen, der den Influencer mit der Erstellung von Content beauftragt.
Die Künstlersozialabgabe ist jedoch nur dann zu zahlen, wenn die Leistung vom Influencer an den Kunden tatsächlich erbracht wurde. Wird eine Leistung nicht erbracht, fällt keine Künstlersozialabgabe an. Deshalb gehören z.B. Schadenersatzansprüche und Vertragsstrafen nicht zum meldepflichtigen Entgelt.
Ist es relevant, ob Influencer mit Geld oder Waren bezahlt werden?
Die Bezeichnung der Leistungen in der Rechnung ist für die Künstlersozialabgabepflicht irrelevant. Ebenso ist die Art der Vergütung unerheblich, da auch Sachleistungen und Tauschgegenstände „Entgelt“ im Sinne des KSVG sein können. Diese werden bei der Berechnung der Künstlersozialabgabe mit ihrem tatsächlichen Wert angesetzt, was insbesondere bei den im Influencer-Marketing typischen Barter-Deals zu berücksichtigen ist.
Was gilt bei der Verwertung von Leistungen eines Influencers aus dem Ausland?
Für in Deutschland verwertete künstlerische Leistungen muss auch dann die Künstlersozialabgabe gezahlt werden, wenn sie von Künstlern stammen, die ihren Sitz im Ausland haben. Das gilt auch dann, wenn solche künstlerischen Leistungen im Ausland entstanden sind.
Ausnahmen hiervon gelten bei Auslandssachverhalten, wenn die künstlerische Leistung nicht im Inland verwertet werden kann, da es dann an dem für die Anwendbarkeit des KSVG erforderlichen Inlandsbezug fehlt.
Müssen auch Influencer-Managements die Künstlersozialabgabe zahlen?
Nach dem KSVG sind u.a. auch Unternehmen zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Darbietung künstlerischer Leistungen zu sorgen. Daher sind regelmäßig auch Managements, die Influencer an Werbekunden vermitteln dem Grunde nach abgabepflichtig. Denn durch die Vermittlungsleistung sorgt das Management erst dafür, dass die kreative Leistung durch den Werbekunden verwertet werden kann.
Wichtig: Die grundsätzliche Abgabepflicht bedeutet nicht automatisch, dass das Management für die Leistungen des Influencers auch tatsächlich die Künstlersozialabgabe zahlen muss.
Denn generell gilt, dass der Erstabnehmer die Künstlersozialabgabe für die Inanspruchnahme der Leistung entrichten muss. In der Regel wird das der Werbekunde bzw. das werbende Unternehmen sein.
Unter bestimmten Umständen kann ein Management indes trotzdem zahlungspflichtig sein – und zwar dann, wenn der Werbekunde, an den die künstlerische Leistung vermittelt wird, nicht selbst zur Abgabe verpflichtet ist. Das gilt z.B. in Fällen der Vermittlungen an Privatpersonen oder an ausländische Unternehmen. Ausländische Unternehmen unterliegen nicht der deutschen Künstlersozialabgabepflicht, sodass stattdessen das Management zur Zahlung herangezogen werden kann.
Für Managements ist es daher ebenfalls besonders wichtig, die eigene Abgabepflicht genau zu prüfen. Eine klare Vertragsgestaltung und eine genaue Kenntnis der gesetzlichen Regelungen sind unverzichtbar.
Darf der Werbekunde oder das Management die Künstlersozialabgabe an den Influencer weitergeben?
Werbende Unternehmen und auch Managements dürfen die Künstlersozialabgabe nicht auf den Influencer abwälzen. Es ist unzulässig, von der vertraglichen Vergütung des Influencers, die dieser für seine künstlerischen Leistungen erhält, die Künstlersozialabgabe abzuziehen und nur die Differenz an ihn auszuzahlen. Eine dahingehende vertragliche Vereinbarung ist nichtig.
Der Vergütungsanspruch des Künstlers besteht in solchen Fällen in Höhe der zu Unrecht einbehaltenen Differenz fort.
Gibt es Ausnahmen von der Künstlersozialabgabe?
Es gibt einige Ausnahmen von der Abgabepflicht zur Künstlersozialkasse.
Keine Künstlersozialabgabe für künstlerische oder publizistische Leistungen zahlt, wer dafür einen Betrag unterhalb der Bagatellgrenze von 450 Euro jährlich ausgibt.
Nicht abgabepflichtig sind zudem u.a. Zahlungen an juristische Personen.
Beispiel: Ein Influencer gründet zur Vermarktung seiner künstlerischen Tätigkeit eine GmbH. Das von dem Werbekunden für die Inanspruchnahme der künstlerischen Leistungen an die GmbH gezahlte Entgelt ist nicht abgabepflichtig.
Zu berücksichtigen ist aber, dass dies nichts daran ändert, dass die im Beispiel genannte GmbH des Influencers selbst abgabepflichtig sein kann. Eine Abgabepflicht besteht zum einen bei der Beauftragung externer Influencer und kann sich zum anderen hinsichtlich der Gehaltszahlungen an Gesellschafter bzw. Geschäftsführer ergeben, soweit diese schwerpunktmäßig künstlerisch oder publizistisch für die eigene GmbH tätig werden.
Was passiert, wenn ich vergessen habe zu zahlen?
Die nicht rechtzeitige oder unrichtige Meldung der an Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte an die KSK stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Gleiches gilt für Verstöße gegen die mit der Künstlersozialabgabe verbundenen Aufzeichnungs-, Auskunfts- und Vorlagepflichten. Diese Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR geahndet werden.
Bei unterbliebener oder fehlerhafter Meldung drohen außerdem Nacherhebungen, Schätzungen und Säumniszuschläge.
Wie dieser Beitrag zeigt, sollten Influencer, Managements und Unternehmen sich möglichst frühzeitig mit dem Thema Künstlersozialkasse auseinandersetzen und sich hierzu anwaltlich beraten lassen. So lassen sich Unsicherheiten beseitigen und kostspielige Fehler vermeiden – zum Vorteil aller Beteiligten.
Anwalt Influencer-Marketing
BROST CLAßEN berät regelmäßig Influencer, Managements und Unternehmen bei Fragen zur Künstlersozialabgabe, der rechtssicheren Gestaltung von Verträgen und sämtlichen weiteren rechtlichen Aspekten des Influencer-Marketings. Die Anwältinnen und Anwälte sind telefonisch, per E-Mail oder Video-Call unkompliziert erreichbar.